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Johannas Meinung: Bei der Spülmaschine hört die Gleichheit auf

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Ich kann nicht wissen, was eine gerechte Aufteilung ist. Aber ich kann mit meinem Partner darüber sprechen.

Wir haben für den letzten Monat mit vielem gerechnet; aber dass wir so oft über Spülmaschinen reden, hat nicht dazu gezählt. Bei einem Paar war eigentlich alles gleich aufgeteilt, nur das akkurate Einräumen der Spülmaschine wollte ein Partner nicht aus der Hand geben. Eine Familientherapeutin sagt, man könne ein Buch über die verschiedenen Konflikte rings um das Gerät schreiben.

Und wer kennt es nicht? Während man sich ankeift, stellt man fest, dass die unterschiedlichen Tetris-Techniken der Geschirrwelt nicht das tatsächliche Problem sind. Eigentlich geht es um eine grundlegende Unzufriedenheit, die man nicht wahrhaben will: Immerhin ist man ein gleichgestelltes Paar, warum fühlen sich dann die lästigen Teile davon so ungerecht verteilt an?

Ähnlich ist es mit der Care Arbeit. Die ungleiche Verteilung, die uns aus den Zahlen anspringt, ist ein Symptom und nur bedingt das eigentliche Problem. Denn die Gesetzestexte setzen tatsächlich Frauen und Männer fast gleichauf. Die ausgesetzte Wehrpflicht ist noch speziell an Männer gerichtet. Dass Frauen sich tatsächlich frei für Kinder entscheiden können, hängt noch am Abtreibungsgesetz.

Das Gefährliche ist eigentlich, dass das Zusammenleben noch immer unterbewusst aufgeteilt wird. Daran sind Rollenbilder schuld, die wir uns von unserem Umfeld stetig abschauen, ohne groß darüber nachzudenken. Mein Partner und ich mussten beispielsweise feststellen, dass wir beide hauptsächlich mich, die Frau, für den gemeinsamen Hund zuständig sehen. Das wollen wir beide eigentlich nicht, also haben wir das einzige gemacht, was hilft, die Hausarbeit gerecht aufzuteilen: Reden, Reden und – Überraschung! – noch mehr Reden. Genauso, wie es uns die Familientherapeuten und Paare erzählt haben. Denn nur, wenn sichtbar wird, wer wofür zuständig ist, kann auch geregelt werden, ob das für alle Beteiligten klargeht.

Man sollte sich bewusst entscheiden

Die Hunderunde muss nichts mit meinem Geschlecht zu tun haben. Vielleicht bin ich am Ende mehr Hundemensch als mein Partner, ganz unabhängig von Geschlechtsteilen und Hormonen. Der Wunsch, die Zeit mit unserem Vierbeiner gleichmäßig aufzuteilen, besteht trotzdem bei uns beiden. Das ist das schwierige daran, Geschlechter fair zu behandeln: Was bin wirklich ich? Und was habe ich ganz unbewusst aus meiner Umwelt übernommen, weil es schon immer so war? Und passt das überhaupt zu mir? Die Aufteilung der Care-Arbeit Zuhause ist beeinflusst von Mustern auf allen gesellschaftlichen Ebenen: Wenn Männer mehr verdienen, dann ist es wirtschaftlich sinnvoller, dass die Frau länger zuhause bleibt. Und Männer verdienen mehr, weil ihnen unterbewusst mehr zugetraut wird und sie eher eingestellt werden als Frauen.

Weil mein Partner und ich Work und Life etwa gleich balancieren wollen, ist eine gerechte Aufteilung leichter zu erreichen, wenn alle Care-Arbeit gleich aufgeteilt ist. Aber gleich muss natürlich nicht gerecht sein. Fairness ist kein Naturgesetz und hat keine festen Kriterien. Eigentlich könnten über Gerechtigkeit nur intelligentere Wesen als wir Menschen neutral entscheiden. Weil ich aber nicht an Gott glaube und Juristen nicht ständig behelligen will, muss ich mit meinen Mitmenschen dauerhaft im Gespräch darüber bleiben, was wir tun und warum.

Andere Paare fühlen sich wohler, wenn einer komplett die Care-Arbeit und der andere das Geldverdienen übernimmt. Und das ist so lange okay, wie sie sich darüber informiert haben und bewusst dazu entschieden haben. (schöj)

Dieser Text ist Teil einer Beitragsreihe. Die Volontäre der „Freien Presse“ haben in einem Projektmonat rund um das Thema „Arbeitsteilung in jungen Familien“ recherchiert. Die Familienporträts, Experten-Interviews, eine Datenanalyse, ein Quiz und die Sicht der jungen Reporter auf das Thema sind auf der Übersichtsseite zu finden. Die Arbeit der Volontäre könnt Ihr auch auf Instagram und Twitter verfolgen.

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